„Es ist eine Irrlehre, dass es Fragen gibt, die für normale Menschen zu groß oder zu kompliziert sind. …Politik ist zugänglich, ist beeinflussbar für jeden. Das ist der zentrale Punkt der Demokratie“
(Olof Palme)
In der Harburger Bezirksversammlung sind sich alle Fraktionen darüber einig, dass die Stärkung echter Bürgerbeteiligung ein wichtiges Anliegen ihrer Politik ist. Doch gesagt ist noch nicht getan!
Information und Transparenz schaffen: Voraussetzung für echte Bürgerbeteiligung ist es, eine  weitgehende Transparenz  über Ziele und Vorhaben der Verwaltung und der Politik zu schaffen. Dieses ist die elementare Grundlage jeder weitergehenden Kommunikation zu Mitbestimmung und Mitgestaltung. In diesem Zusammenhang trifft die Aussage des Systemtheoretikers Niklas Luhmann zu: „Was nicht kommuniziert ist, ist gesellschaftlich nicht existent“.
Ein erste Informationsstruktur zur Bezirkspolitik ist das Informationssystem der Bezirksversammlung Harburg. Hier finden alle Bürgerinnen und Bürger im Kalender alle Sitzungstermine mit weiterführenden Links zu den Sitzungsunterlagen (Tagesordnungen, öffentliche Drucksachen und Niederschriften).
Viele Beteiligungsinitiativen scheitern schon auf dieser ersten Stufe: vorenthaltene oder mangelnde und fehlerhafte Informationen geben den Bürger*innen von Anfang an das Signal, dass ihre Beteiligung nicht erwünscht  ist. Informationen zu Baumfällungen, nachdem die Bäume bereits gefällt wurden, sind hier ein negatives Beispiel.
Öffentlichen Diskurs ermöglichen und fördern: Bürger*innenbeteiligung erarbeitet in einem öffentlichen und ergebnisoffenen Diskurs Lösungen und macht diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und akzeptierbar. Wir brauchen auf allen Ebenen ein stärkeres Engagement von Bürgerinnen und Bürgern – nicht nur dann, wenn sie persönlich betroffen sind. Hierzu muss eine breite Beteiligungskultur systematisch entwickelt werden. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Lehrer und Schulleiter kann ich  sagen: Partizipation geschieht nicht von alleine, sondern muss in einem mühsamen Prozess gelernt und entwickelt werden
Bürger*innenbeteiligung braucht Strukturen: Systemische Beteiligung geschieht nur dann, wenn geeignete Strukturen und Maßnahmen angeregt und gefördert werden, die auf zukunftsfähige Veränderung zielen. Entscheidend ist hierbei auch, dass die Beteiligungskultur kein Privileg einer gebildeten, wohlhabenden Minderheit ist. Beteiligungsstrukturen müssen offen und niederschwellig sein und auch eine Beteiligung auf Zeit ermöglichen. Gleichzeitig sollen sie problemorientiert auf ein persönlich erfahrbares Ergebnis zielen. In diese Richtung zielt auch die aktuelle Entwicklung von Beteiligungsmöglichkeiten zur Entwicklung des Harburger Klimaschutzkonzeptes
Auch die Entwicklung eines Mobilitätskonzeptes für Heimfeld und Eißendorf 2022 ist ein wegweisendes Beispiel für Bürger*innenbeteiligung „Wie sieht eine zukunftsfähige Mobilität in den Quartieren Heimfeld und Eißendorf für Sie aus? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarfe?“ Mit dieser Frage eröffnete die Bezirksverwaltung Harburg ein umfangreiches und systematisches Beteiligungsprogramm. u.a. mit der digitalen Beteiligungsplattform DIPAS.
Entscheidend ist hierbei  auch, dass die Beteiligungskultur kein Privileg einer gebildeten, wohlhabenden Minderheit ist. Beteiligungsstrukturen müssen offen und niederschwellig sein und auch eine Beteiligung auf Zeit ermöglichen. Gleichzeitig sollen sie problemorientiert auf ein persönlich erfahrbares Ergebnis zielen.
Jugendliche und Kinder stärker beteiligen: Viele Erwachsene aber auch Jugendliche entwickeln zunehmend eine gleichgültige und sogar ablehnende Haltung gegenüber der Politik. Insbesondere besteht ein geringes Vertrauen in Politiker und Parteien, von denen sich ein großer Anteil der Jugendlichen nicht vertreten fühlt. Gleichzeitig signalisieren Untersuchungen wie die SHELL-Studie, dass der Einsatz für die Gesellschaft und andere Menschen ganz selbstverständlich zum Lebensstil der überwiegenden Mehrheit der Jugendlichen gehört. Es besteht also ein aktueller Handlungsbedarf Jugendlichen attraktive Möglichkeiten zu eröffnen, sich aktiv in Politik einzumischen und für künftiges politisches Engagement zu motivieren.
Beteiligung von Jugendlichen auf bezirklicher Ebene ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung , wie sie §33 des Bezirksverwaltungsgesetzes fordert,  sondern ein wichtiger Bestandteil politischer Bildung, deren Notwendigkeit mit der Herabsetzung des Wahlalters noch verstärkt wird. Es erscheint sinnvoll, Beteiligungsstrukturen wie „Jugend im Parlament“ als Bildungsansatz einer erfolgreichen „peer group education“ auf die Bezirksversammlungen auszuweiten. Hierdurch können kommunale politische Themen einer breiteren Schicht von Jugendlichen zugänglich gemacht werden. Jugendliche haben hier die Möglichkeit, Abläufe des Parlaments zu erleben und eigene Anliegen und Interessen zu formulieren und zu beschließen und den gewählten Gremien zur Beratung vorzulegen. Zur Aktivierung und besseren Beteiligung von Jugendlichen mit ihren Interessen soll ein niederschwelliger Jugendkongress zum Thema „Zukunft gestalten: Jugend fragen!“ stattfinden.
Neue Beteiligungsformate entwickeln und erproben: Kontinuierliche Beteiligungsformate wie Beiräte und Begleitgruppen müssen angeregt und gefördert werden. Ferner sollten neue Online-Verfahren und zufallsbedingte Beteiligungen nach dem Demarchiemodell erprobt werden.
Gerade das Zufallsprinzip garantiert eine hohe Legitimation. Die Akzeptanz einer Bürgerempfehlung ist deutlich höher, wenn das Beteiligungsprojekt allen Bürger*innen dieselbe Chance zur Teilnahme einräumt und die Zusammensetzung der Gruppe repräsentativ und vielfältig ist. Grundidee ist, dass Bürger*innen Gremien zugelost werden, die sich mit Hilfe von Dokumenten und Experten zu einem Thema informieren, beraten und schließlich Vorschläge für Beratung und Entscheidung machen. Frauen und Männer sind entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten, ebenso die unterschiedlichen Altersgruppen. Die Erprobung solcher Demarchieprojekte bietet sich auch bei der Entwicklung lokaler Klimapläne an. Ein beschlossener Antrag hierzu liegt bereits in Harburg vor.